GPS und Galileo – Wettlauf der Navigationssysteme

Sonntag, 8. August 2010

Das GPS (Global Positioning System) wurde in den Zeiten des Kalten Krieges vom US-Verteidigungsministerium entwickelt. Demgegenüber spielten beim europäischen Galileo-System militärische Erwägungen zunächst keine Rolle; es war ursprünglich nur für zivile Zwecke konzipiert. Die unterschiedliche Historie der beiden großen Satellitensysteme hat von Beginn an zu einer Art GPS-Krieg geführt. Die Amerikaner hatten Angst, Feindstaaten könnten das Satellitensystem der Europäer dazu nutzen, Raketen und andere Flugkörper präzise und genau auf US-amerikanische Ziele zu lenken. Die Europäer hingegen beobachteten argwöhnisch die hohen Umsätze der Amerikaner mit GPS-Geräten.

Inzwischen hatten nämlich beide Seiten die wirtschaftliche Bedeutung eines auch kommerziell genutzten Satellitensystems erkannt: Auf fast allen Gebieten des täglichen Lebens werden seit Anfang 2000 Navigationssatelliten eingesetzt – nicht nur in Autos, Flugzeugen und Schiffen, sondern auch bei der Landvermessung, der Umweltkontrolle sowie vielen weiteren Bereichen. Und gerade in den zivilen Bereichen hatten die Amerikaner mit ihrem Satellitensystem die Nase vorn. Sie verdienten jedes Jahr etliche Milliarden Dollar an den GPS-Geräten. In diese Bresche wollten die Europäer mit Galileo springen. Als amerikanische Militärs im Jahre 2004 unverhohlen mit dem Abschuss europäischer Satelliten drohten, schien ein GPS-Krieg real zu werden.

Es kreisen zwar erst zwei Galileo-Satelliten um die Erde, aber bis 2014 soll das System mit 30 Satelliten voll einsatzfähig sein. Schon jetzt ist Galileo dem GPS in fast allen Belangen technisch überlegen, vor allem was Zielpräzision und Höhenbestimmung anbelangt. Die Amerikaner sind nun dabei, ihr in die Jahre gekommenes Satellitensystem zu verbessern. Aber es dürfte noch viele Jahre dauern, bis es den technischen Stand von Galileo erreicht.

In dieser Situation haben beide Seiten erkannt, dass ein GPS-Krieg höchst kontraproduktiv wäre. Denn inzwischen haben auch Russland mit dem GLONASS Satellitensystem und China mit dem Navigationssystem COMPASS eigene Systeme kreiert, und zwar sowohl für militärische als auch kommerzielle Nutzung. Dies ließ die Amerikaner und die Europäer nolens volens aufeinander zugehen: Galileo ist von den Amerikanern nunmehr akzeptiert, die Europäer haben dafür den Sicherheitsbedenken der Amerikaner durch zusätzliche Maßnahmen Rechnung getragen. Ein GPS-Krieg wurde abgewendet, die Kompatibilität beider Systeme vereinbart – zum Vorteil für den Nutzer. Was dies letztlich den Steuerzahler kostet, ist eine andere Frage!